Trotz Lockerungen: Corona-Krise zeigt Diskriminierung von Sexarbeitenden

Nach unzähligen Demonstrationen und Protesten von Sexarbeitenden ist es diese Woche endlich zu Lockerungen für die Branche gekommen.

Die Länder Sachsen-Anhalt und Niedersachsen haben entschieden, dass Prostitutionsstätten wieder öffnen dürfen. Gegen den Widerstand der Entscheidungsträger*Innen musste in NRW erst das Oberverwaltungsgericht durchsetzen, dass die Untersagung von sexuellen Dienstleistungen „gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ verstoße und „keine notwendige Schutzmaßnahme“ sei. Der Norden beschloß, dass Sexarbeit in Hamburg, Schlewsigholstein und Bremen ab 15. September wieder erlaubt sein soll.

Trotz nachvollziehbarer Erleichterung nach beinahe 6 Monaten Arbeitsverbot, bleibt bei Sexarbeitenden ein bitterer Nachgeschmack. Durch die Corona-Krise ist erneut sehr deutlich geworden, dass Sexarbeit in Deutschland noch weit von einer breiten gesellschaftlichen und politischen Anerkennung entfernt ist.

Es bestehen enorme Vorurteile gegenüber, und ein mangelnder politischer Wille zur Verteidigung der Rechte von Menschen in der Sexarbeit, das zeigt nicht zuletzt die eklatante Ungleichbehandlung in der Krise im Vergleich zu anderen Branchen. Zudem gibt es hierzulande wieder stark zunehmende Debatten über ein generelles Verbot der Sexarbeit. Der Berufsverband lehnt ein solches entschieden ab und unterstützt den am 08.09. in NRW von FDP und CDU gestellten Antrag gegen das Schwedische Modell.

Komplexe Sachverhalte werden von Befürworter*Innen des Sexkaufverbotes undifferenziert in den Topf der „Zwangsprostitution“ geworfen.

Völlig egal, ob es sich um die Bekämpfung von Straftaten wie Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung und Freiheitsentzug handelt, um die systemische Ungerechtigkeit gegenüber marginalisierten Sexarbeitenden in Deutschland, um die fehlende juristische Handhabe bei komplexeren Formen der Ausbeutung (Stichwort: Loverboys), oder um Sexarbeitende, die schlicht ihr Recht verteidigen, der von ihnen gewählten Arbeit nachgehen zu dürfen. Sexarbeitsgegner*Innen versuchen die unterschiedlichen Bereiche der Branche gegeneinander auszuspielen, spielen Moralpolizei und leugnen die Agency und Konsensfähigkeit von Sexarbeiter*Innen.

All dies zeigt: Wir Sexarbeitenden brauchen eine starke Vertretung. Die gegenseitige Unterstützung und Vernetzung unter Sexarbeiter*Innen, sowie der Ausbau und die Finanzierung von akzeptierenden Beratungsstellen sind wichtiger denn je.

Der BesD ist die bisher größte derartige Organisation in Europa und 100% organisiert und geleitet von Sexarbeitenden. Alle, die selbst als Sexarbeiter*Innen arbeiten oder gearbeitet haben, können Mitglied im Berufsverband werden. Anonym und kostenlos –  im Rahmen einer einjährigen und unverbindlichen Schnuppermitgliedschaft.

Spätestens seit Corona ist klar: Wenn wir als Sexarbeitende nicht aktiv um unsere Rechte kämpfen, tut es sonst niemand.

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