Kritik an Online-Kurs der BaWü Landeszentrale: Einseitig negative Darstellung von Sexarbeit
Fehlende Perspektiven, pauschalisierende Aussagen und einseitige Quellen – der BesD e.V. fordert die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg auf, ihren Kurs zu Prostitution dringend zu überarbeiten.
Als Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen begrüßen wir grundsätzlich, dass die Landeszentrale in Baden-Württemberg das Thema Sexarbeit als relevant wahrnimmt und Informationen dazu in ihr Bildungsangebot aufgenommen hat.
Umso wichtiger ist es uns aber auch, auf die aus unserer Sicht erheblichen Mängel des E‑Learning-Kurses mit dem Titel „Prostitution – eine Arbeit wie jede andere?“ hinzuweisen.

Modul 3 des E-Learningkurses in dem „mögliche Maßnahmen, die Anzahl der Sexkäufer zu verringern“ vermittelt sowie Organisationen die sich für ein Sexkaufverbot engagieren hervorgehoben werden.
Fehlende Perspektiven
Neben einer einseitigen und einschlägigen Terminologie, die bevorzugt von Gegner*innen der Sexarbeit genutzt wird, werden im Kurs ausschließlich Positionen und Perspektiven wiedergegeben, die der Sexarbeit kritisch bis ablehnend gegenüberstehen.
Die Sichtweisen und Erfahrungen von in der Sexarbeit tätigen Menschen die ihrer Tätigkeit neutral bis positiv gegenüberstehen, werden nicht oder nur in verzerrter Form dargestellt.
Eine seriöse Auseinandersetzung mit Prostitution in Deutschland erfordert die Differenzierung zwischen selbstbestimmter Sexarbeit sowie Fällen von sexueller Ausbeutung oder Menschenhandel.
Diese Unterscheidung fehlt weitgehend.
Pauschalisierungen statt Differenzierung
Der Kurs arbeitet an vielen Stellen mit pauschalisierenden Formulierungen, die den Eindruck erwecken, die Masse an Sexarbeitenden befänden sich in Zwangs- oder Ausbeutungssituationen.
Dies entspricht nicht der Realität und trägt zur Stigmatisierung einer ganzen Berufsgruppe bei.
Einseitige Quellen
Die im Kurs dargestellten Zahlen, Statistiken und Forschungsergebnisse stammen leider überwiegend aus Quellen, die interessierten Sexarbeitenden und auf Sexarbeit spezialisierten Forscher*innen für ihre parteiische, Sexarbeit ablehnende Haltung bekannt sind.
Leider werden diese im Kurs ohne kritische Einordnung als bare Münze präsentiert.
Es existiert eine Großzahl an Studien, die zu einem wesentlich weniger einseitigem Bild beitragen könnten.
Einen (unwissenschaftlich aufbereiteten, aber) differenzierteren Einblick in den großen Themenkomplex Sondergesetze/Kriminalisierung/Sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel inklusive mehrerer Quellen erhalten Sie bereits nach einem Blick auf unserer Website.

Schon die Formulierungen – „Folgen“, „Auswirkungen auf die Gesellschaft“, „betroffene Personen“ – sprechen eine deutliche Sprache.
Fehlende Einbindung von Expertise aus der Praxis
Es ist uns unverständlich, warum bei der Erstellung des Kurses weder die Expertise von Interessenvertretungen von Sexarbeitenden, Mitarbeitenden von Fachberatungsstellen für Sexarbeitende oder andere Stimmen aus der Community einbezogen wurden.
Unterschiedlichste Mitglieder des BesD e.V. stellen seit vielen Jahren ehrenamtlich Expertise aus der Praxis zur Verfügung.
Als Berufsverband würden wir jederzeit bereitstehen, an der Erstellung einer ausgewogenen und sachlich fundierten Bildungsressource zum Thema Prostitution mitzuwirken.
Einbindung von Forscher*innen
Als Expertin für Sexualwissenschaft, Sexuelle Gesundheit und umfangreich bewandert im Bereich der Sexarbeits-Forschung können wir Ihnen beispielsweise Harriet Langanke von der Gemeinnützigen Stiftung Sexualität und Gesundheit oder Mitarbeitende der Gesellschaft für Sexarbeits- und Prostitutionsforschung als Gesprächspartner*innen empfehlen.
Empfehlung zur Überarbeitung oder Neuauflage des E-Kurses zum Thema Sexarbeit
Wir bitten Sie daher, den Kurs „Prostitution – eine Arbeit wie jede andere?“ zeitnah zu überarbeiten und dabei sicherzustellen, dass:
- neutrale, nicht stigmatisierende Terminologie verwendet wird
- die Sichtweisen von Sexarbeitenden angemessen vertreten werden
- aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden
- Fachverbände der bufas e.V. und/oder Interessensvertretungen von Sexarbeitenden aktiv in die Erarbeitung mit einbezogen werden


Mit KI-Unterstützung für BesD e. V. erstellt