Recht auf Gesundheit für Sexarbeiter*innen: Online-Datenbank hilft bei der Auswahl von vertrauenswürdigen Ärzt*innen

Die Geschichte des 3. März, des Internationalen Tags für die Rechte von Sexarbeiter*innen, geht auf das Jahr 2001 zurück, als sich über 25.000 Sexarbeiter*innen in Indien versammelten – trotz der Bemühungen von Sexarbeitsgegner*innen, die versuchten, die Veranstaltung zu verhindern.  Die Veranstaltung wurde vom Durbar Mahila Samanwaya Committee organisiert, einer in Kalkutta ansässigen Gruppe, der über 50.000 Sexarbeiter*innen angehören. Seitdem wird der 3. März als jährliches, internationales Ereignis gefeiert.

Auch im Jahr 2021 sehen sich Sexarbeiter*innen weltweit mit der Beschneidung ihrer Rechte konfrontiert: Weiterhin müssen Menschen, die Sex verkaufen, um ihr Recht auf Freiheit der Berufswahl und -ausübung, ihr Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung und ihr Recht auf gute und sichere Arbeitsbedingungen aktiv kämpfen.

Alleine aus dieser Aufzählung zeigt sich: Eine Gleichstellung mit anderen selbstständigen oder freien Berufen liegt noch in weiter Ferne.

Die Effekte der Einschränkungen der Rechte von Sexarbeiter*innen und die gesellschaftlichen Vorurteile gegen Sexarbeit sind auch in Deutschland zahlreich. Während der Umgang mit Sexarbeit hierzulande im internationalen Vergleich noch als liberal eingestuft werden kann, sind Sexarbeiter*innen auch hier stigmatisierenden Sonderbesteuerungen sowie seit der Einführung des sogenannten Prostituiertenschutzgesetzes Registrierungs- und Beratungspflichten unterworfen.

Dazu kommt, dass wiederholte politische Forderungen nach weiteren Einschränkungen für Sexarbeiter*innen durch das sogenannte  Schwedische Modell oder Sexkaufverbot eine bedrohliche Zukunft für Sexarbeitende in Deutschland zeichnen. Die Kriminalisierung von Kund*innen oder ein komplettes Verbot sexueller Dienstleistungen und damit eine Arbeit in der Illegalität hätten stark erhöhte Sicherheitsrisiken zur Folge.

Verbote helfen Sexarbeiter*innen nicht – sie gefährden sie. Besonders erschreckend ist auch, wie die Gesundheit von Sexarbeiter*innen aufgrund des Stigmas, das sie und ihre Arbeit trifft, leidet.

Viele Sexarbeiter*innen können nicht einmal mit ihrem vertrautesten, privaten Umfeld über ihre Arbeit sprechen, ohne Ablehnung und Unverständnis fürchten zu müssen. Die Belastung durch den Wegfall solcher sozialer Ressourcen kann immens sein. Eine Studie unter kanadischen Sexarbeiter*innen zeigte, dass die teilnehmenden Sexarbeiter*innen dreimal häufiger als die Durchschnittsbevölkerung von einer unzureichenden Gesundheitsversorgung betroffen sind, da sie u.a. aufgrund ihrer Stigmatisierungserfahrungen weniger Vertrauen in die Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung setzten oder sich sogar davor fürchteten.

Das Modellprojekt Roter Stöckelschuh des Berufsverbands für erotische und sexuelle Dienstleistungen möchte diesen Ängsten etwas entgegensetzen. In der Online-Datenbank des Projekts sammelt und kennzeichnet der Rote Stöckelschuh Adressen, an denen sich Sexarbeiter*innen ohne Angst vor Ablehnung oder Diskriminierung outen und über ihren Beruf sprechen können. Das kann z.B. bei Beratungsstellen, in Gesundheitsämtern, bei Ärzt*innen oder Therapeut*innen sein. Der Anspruch an die Träger*innen des Roten Stöckelschuhs ist, dass sie Sexarbeiter*innen respektvoll, akzeptierend und ergebnisoffen begegnen.

In diese Datenbank mit Karten- und Suchfunktion können Sexarbeiter*innen selbst Adressen eintragen, an denen sie gute Erfahrungen gemacht haben, oder Adressen, die ihr Willkommen für Sexarbeiter*innen signalisieren wollen, können sich selbst vorstellen und über ihre Angebot informieren.

Mit diesem Vorhaben möchten der Rote Stöckelschuh und der Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen dazu beitragen, dass Sexarbeiter*innen in unserer Gesellschaft eine gesundheitliche und rechtliche Gleichstellung erfahren.


Dieser Beitrag stammt von Deborah Hacke, Projektleiterin des Roten Stöckelschuh.