Ein einzelnen roter Regenschirm auf einer grauen Gasse.

Berufsverband kritisiert Bundestagsabgeordnete Bär: „Sexkaufverbot schadet jenen, denen es helfen soll” | Pressemitteilung

Berlin, 13.09.2023. Mit Unionsfraktionsvize Dorothee Bär erscheint die CDU zum wiederholten Mal mit ihrem der Ruf nach dem Ende der Prostitution in der Presse. Das Mittel dazu ist das sogenannte nordische Modell, welches eine einseitige Kriminalisierung vorsieht. Sexarbeitende dürfen ihre Tätigkeit legal ausüben, ihre Kund*innen hingegen machen sich strafbar.

Als Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e. V. positionieren wir uns klar gegen Bärs Forderungen und hinterfragen ihre Äußerungen. 

Frau Bär bezeichnet Deutschland als Bordell Europas. Johanna Weber, politische Sprecherin des BesD e.V., ordnet dieses bekannte Narrativ ein: „Deutschland ist das einwohnerstärkste Land in der EU. So ist es nicht verwunderlich, dass wir die meisten Bordelle haben. Bezogen auf die Einwohnerzahl hat die Schweiz mehr Sexarbeitende und Bordelle aus Deutschland.” 

Pressesprecher André Nolte stellt zudem in Frage, warum der Status als „Bordell Europas so negativ konnotiert sein müsse. „Wenn man sich von dem Gedanken trennt, dass Sexarbeit was Schlechtes ist, dann flöst einem das „Bordell Europas” nicht wirklich Angst ein.”

In ihren Ausführungen behauptet Bär weiter: „Das Beispiel Schweden zeigt: Mit einem Sexkauf-Verbot geht die Zahl der Prostituierten drastisch zurück.”

Das lässt sich nicht belegen. Es gibt keine unabhängig zu überprüfenden Zahlen über Sexarbeit in Schweden. Einzig nachweisbar ist, dass die sichtbare Prostitution zurückgegangen ist.

Die Lebensrealität der schwedischen Kolleg*innen sieht wie folgt aus: Sexarbeitende müssen sich verstecken, damit noch Kund*innen zu ihnen kommen und diese nicht von der Polizei erfasst werden. Sexarbeitende werden gesellschaftlich geächtet und stehen immer allein da, da jede Hilfestellung zur Arbeit kriminalisiert ist, einschließlich der Taxifahrt zum Hoteltermin. Die schwedische Polizei überwacht sogar Telefone von Sexarbeitenden, um an deren Kundschaft heranzukommen und diese zu belangen. 

Mit dem Sexkaufverbot würde es auch in Deutschland weniger Kundschaft geben, denn diese machen sich strafbar. Sexarbeitende, die keine beruflichen Alternativen haben, müssten dann unter erschwerten Bedingungen weitermachen. 

Johanna Weber dazu: „Gerade diejenigen, die eigentlich durch ein Sexkauf-Verbot  gerettet werden sollen, müssen in der Sexarbeit verbleiben.“

Denn solch ein Verbot durch die Hintertür wie in Schweden führt auch dazu, dass Bordelle und sonstige Sexarbeitslätze verboten sind. Jene sind oftmals sehr lukrative und sichere Orte für Kolleg*innen, um Geld zu verdienen.

International gibt es keinen einzigen Sexarbeits-Verbund, der die Einführung des nordischen Modells fordert. Alle setzen sich für mehr Rechte und weniger Verbote ein.

Wir als Berufsverband für alle in der Sexarbeit tätigen Menschen in Deutschland fordern keine Kriminalisierung der Sexarbeit, sondern:

  • flächendeckende Versorgung mit akzeptierenden Beratungsstellen für Sexarbeitende sowie langfristige Finanzierung für diese
  • deutschlandweit kostenlose Untersuchungsmöglichkeiten und Behandlungen in den Gesundheitsämtern auch für Menschen ohne Krankenversicherung
  • den Aufbau eines niedrigschwelligen Ausbildungs- und Fortbildungssystem für Sexarbeitende – berufsbegleitend und freiwillig
  • die Aufnahme von Sexarbeit ins Allgemeine Gleichbehandlungs-Gesetz
  • ein Bleiberecht für Betroffene von Menschenhandel
  • Abschaffung der Sperrbezirke

Hier finden Sie diese Pressemitteilung als PDF.


Ansprechperson: 

Johanna Weber, politische Sprecherin des BesD e. V.

johanna@besd-ev.de

0151-1751 9771

 

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