Gespräch zum Sexwork-Podcast mit Madame Kali: „Lasst uns sichtbar werden!“

Sexarbeiterin und Verbands-Mitglied Madame Kali hat mit „Simply the BesD“ den Sprung in die Podcast-Welt gewagt. In den bisherigen Folgen kommen Sexarbeitende zu Wort – ungeschönt, unzensiert, ehrlich. Wir haben sie für unseren Blog interviewt!


Liebe Kali, erstmal vielen Dank für Deine Initiative und Deine Arbeit! Was hat Dich dazu motiviert, den allerersten Podcasts unseres Verbands zu initiieren und gleich auch zu moderieren?

Der BesD ist ein wichtiger Teil der neuen Hurenbewegung und der Schritt auf den Podcastmarkt ist meiner Meinung nach überfällig – das Medium gewinnt nachwievor weiter an Bedeutung. Mein Wunsch ist, dass wir nun auch Menschen beziehungsweise Hörer*innen erreichen, die uns bisher so gar nicht auf dem Schirm hatten. Übrigens, ich würde mich wahnsinnig freuen wenn andere Sexarbeitende den Podcast von Spotify oder einer anderen Plattform teilen, bitte verwendet am liebsten den Hashtag #SimplyTheBesD! 🙂

Was willst Du mit dem Podcast erreichen? 

Der Podcast soll für alle Sexarbeitenden da sein und Menschen in der Sexarbeit im wahrsten Sinne des Wortes eine Stimme geben. Mir ist auch sehr wichtig Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, das anonym zu tun. Leider ist es ja nachwievor so, dass sich viele Kolleg*innen ein Outing schlicht nicht leisten können. Ich möchte Sexarbeitende im Bereich der Identitätsfindung unterstützen, aber vor allem möchte ich ihnen ein Gesicht – beziehungsweise eine Stimme! – geben.

In einigen der Beiträgen sprichst Du über geschichtliche Aspekte der Sexarbeit, gehst zum Beispiel auf die Historie der Hurenbewegung ein. Inwiefern sind diese Themen auch für die heutige Sexarbeit relevant? 

Zunächst muss ich sagen, dass ich mich schon ewig für Kulturanthropologie und Geschichte interessiere – ich gehe den Dingen gerne auf den Grund. Es ist für mich als Sexarbeitende immens wichtig, ein sichtbarer Teil dieser Gesellschaft zu sein. Lasst uns endlich heraus aus der meist anonymen Schmuddelecke, lasst uns sichtbar werden!

Dabei kann das Wissen der Geschichte unseres Berufszweig behilflich sein. Zum Beispiel ist es  historisch gesehen sehr auffällig, dass die Freiheit und Rechte von Sexarbeiter*innen mit der jeweiligen Freiheit und den Rechten von Frauen eng verwoben sind. Außerdem gibt es in der Geschichte bereits zahllose Beispiele an von außen aufgedrückten Zuschreibungen für Sexarbeitende – die haben je nach Gutdünken anderer gewechselt wie die allgemeinen Moden. Das will ich aufdecken, denn es ist relevant um die heutigen Entwicklungen einzuordnen.

Wie gehst Du im Podcast damit um, dass dem Verband öfter vorgeworfen wird, nur für „privilegierte Dominas“ zu sprechen?

Ich halte es wie viele andere BesD-Mitglieder für immens wichtig, mich als Sexarbeitende politisch für jene einzusetzen, die dafür weder Zeit noch Möglichkeit haben. Deshalb mache ich das und deshalb bin ich Teil des Berufsverbands. In meinen Interviews zensiere und schöne ich nicht – und teilweise heißt das, es gibt ordentlich was auf die Ohren.

Es geht mir definitiv nicht darum, ein „Happy Hooker“-Narrativ zu bedienen, Sexarbeit ist nicht immer das Gelbe vom Ei. Mit dem Podcast möchte ich allen Kolleg*innen die das wollen, eine Plattform geben. Und zwar ganz egal welchen sozialen Hintergrund sie haben, welche Erfahrungen sie in der Sexarbeit gemacht haben.

Hört einfach rein, zum Beispiel in die Folge in der ich „Beti“, eine ehemalige Sexarbeiterin, interviewe, die viel Scheiße erlebt hat und heute als Sozialarbeiterin bei der Anlauf- und Beratungsstelle Phoenix in Hannover Kolleg*innen berät und unterstützt. Ich möchte zeigen: Weder sind wir per se Opfer, Berufsverbrecher*innen noch „Zuhälterlobby“. Wir sind einfach ein Teil der Gesellschaft – aber es ist die Frage unter welchen Bedingungen!

Vielen Dank! 



In ihrem Podcast „Simply the BesD“ stellt Madame Kali die Perspektive von Sexworkern in den Mittelpunkt. Alle Folgen findest Du auf Spotify und anderen Podcast-Plattformen oder hier auf unserer Website.

Mit ihrem Mikro ist sie vor Ort bei Veranstaltungen wie 100 Jahre Herbertstraße in Hamburg oder der SAMBA-Konferenz, spricht mit Kolleg*innen aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen und mit verschiedensten Lebenserfahrungen. Zum Beispiel mit Aaliyah, die in Bielefeld am Straßenstrich steht, oder Nica, die ihre Geschichte erzählt wie sie über 20 Jahren  zur Sexarbeit gekommen ist und wie es ihr heute geht.

Du bist Sexarbeiter*in und willst auch gehört werden beziehungsweise hast ein Thema, das Dir schon lange auf der Zunge brennt? Hier hast Du – ob mit Künstlernamen oder ganz anonym – die Gelegenheit dazu! Schreib uns dafür an info@besd-ev.de und wir vernetzen Dich mit Madame Kali, die dafür sorgen wird dass DEINE Stimme gehört wird.